6. Der Neubeginn (1945 – 1951)

 

 

6.8  Umorganisation angekündigt

Anfang 1950 trat Horst Hoffmann, der bisherige interimistische Leiter der Schauspielschule, auf eigenen Wunsch von seiner Funktion zurück. (6.67) Wolfgang Langhoff erinnerte sich an Otto Dierichs. Er kannte ihn aus Düsseldorf, wo er ihm während seiner Intendantenzeit nach 1945 aufgetragen hatte, eine Schauspielschule aufzubauen. Dierichs war aber inzwischen als Dramaturg, Spielleiter und Schauspieler nach Dresden gegangen, wo er überdies kommissarisch die dortige Schauspielschule leitete. Er war ein Schüler von Louise Dumont, danach Schauspieler und Spielleiter und von 1939 bis 1945 Dozent für Schauspiel an der Folkwangschule in Essen.

Dierichs folgte dem Ruf Langhoffs. Ab 1. März 1950 (6.68) leitete er - nach seiner Aussage in enger Zusammenarbeit mit Gerda Müller (6.69) - die Schauspielschule des Deutschen Theaters. Im Februar 1951 sagte er in einem Pressegespräch: «Unsere Theaterschule befindet sich zur Zeit in einer durchgreifenden Umorganisation und einem großzügig geplanten Umbau. Nach Kriegsende mußte die Schule in kleineren Privaträumen hausen und konnte nur die Probebühne des Deutschen Theaters benutzen. Am 1. Februar jedoch haben wir große und in jeder Beziehung geeignete Räume im Haus der Technik in der Oranienburger Straße bezogen, wo eine eigene Probebühne mit einem 300 Personen fassenden Zuschauerraum errichtet wird, was musterhafte Schülervorstellungen und andere künstlerische Veranstaltungen ermöglicht.» (6.70) Aber die Räume in der Oranienburger Straße standen kaum einen Monat zur Verfügung. Die Umorganisation im Rahmen der Verstaatlichung der Schule führte alsbald zu einer weiteren Ortsverlegung, nämlich vom Zentrum Berlins in einen Stadtbezirk am Rande.

1951 zahlten nur noch wenige Studenten Schulgeld. Die Mehrzahl erhielt Stipendien der Hans-Otto-Stiftung in Höhe von etwa 150 Mark im Monat. Im letzten Jahr des dreijährigen Studiums erhielten die Schüler Gelegenheit, in Aufführungen des Deutschen Theaters in größeren oder kleineren Rollen zu spielen. Zum Stand der Ausbildung sagte Dierichs: «Vom Schauspieler wird heute eine umfassende Bildung verlangt, vor allem auch auf kulturpolitischem Gebiet. So ist Soziologie ein besonders wichtiges Fach. Beim Einstudieren von Theaterstücken werden das gesellschaftliche Milieu und die sozialen Zustände der betreffenden Epoche gründlich beleuchtet.» (6.71)

 

 

 

Anmerkungen:

 

6.67                                  Vgl. Brief v. Wolfgang Langhoff an Otto Dierichs v. 21.2.1950, HS-Archiv, Bl. D 14    Zurück zum Text

6.68                                  Vgl. Dienstvertrag zwischen Intendant Wolfgang Langhoff und Otto Dierichs, Xerokopie, HS-Archiv, Bl. D 10     Zurück zum Text

6.69                                  Vgl. HS-Archiv, Bl. D 4     Zurück zum Text

6.70                                  Gespräch mit Otto Dierichs, Neue Zeit, Berlin 15.2.1951     Zurück zum Text

6.71                                  Ebenda    Zurück zum Text

 

 

 

 

 

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